Ermutigung

Auf der anderen Seite sind Regenbögen

01.03.2023 - Mehdi Musawi

Oft wird gesagt, dass unsere Erwartungen an das, was sein könnte oder was hätte sein können, maßlos und ausnahmslos unzutreffend sind. Man rät uns, wir sollten keine kostbare Zeit damit verschwenden, hypothetische Szenarien für uns selbst und unser Leben zu entwerfen: Hätten wir doch nur eine andere Wahl getroffen oder einen anderen Weg eingeschlagen; hätten wir doch nur in einem Job ausgeharrt, der zwar die Rechnungen bezahlt, uns aber jeglicher Leidenschaft beraubt hat; wären wir doch nur schlafwandelnd durch ein vertrautes Leben am Fließband mit unseren ererbten Überzeugungen und "Entscheidungen" gelaufen, anstatt unseren ganz eigenen Berg der Selbstverwirklichung hinaufzustolpern, durch die Kraft eines Glaubens, durch den Niederlagen überwunden werden. "Das Gras auf der anderen Seite des Zaunes ist nie grüner", wird uns vermittelt, damit der Schmerz unseres unerfüllten Lebens etwas abgemildert wird.

 "Das Gras auf der anderen Seite des Zauns ist nie grüner" – das, liebe Leserinnen und Leser, ist defätistischer Unsinn und verstärkt nur die scheinbar unüberwindbare Verzweiflung in unserem persönlichen und kollektiven Dasein. Ich werde versuchen, mit einfachen Worten und in Klartext zu demonstrieren, warum es sich um einen Trugschluss handelt. 

In den vergangenen dreizehn Jahren wurde Großbritannien von zunehmend rechtsgerichteten konservativen Politikern regiert, die es als ihre einzige Aufgabe verstanden, die Seele der Nation "wiederherzustellen", indem sie die gesamte Politik der Mitte-Links-Labour-Regierung, die zuvor ebenfalls dreizehn Jahre lang an der Macht gewesen war, rückgängig machten. Viele Menschen, wenn nicht sogar die meisten, würden zustimmen, dass keine der beiden Parteien dem Volk besonders gut gedient hat: illegaler Krieg, Finanzkrise, Lebenshaltungskostenkrise, Inflationsspirale und ein absolut katastrophaler Umgang mit der Pandemie. Ein verächtlicher Shakespeare hätte zweifellos gesagt, dass sich in den blauen Häusern der Konservativen ebenso wie in den roten Häusern der Labour-Partei eine Plage von Korruption, Bosheit und Lügen ausgebreitet hat. Und dennoch werden die Wähler am Wahltag in Scharen auf die Straße gehen, um zu versuchen, das Land, das sie als ihr grünes und angenehmes Land kannten und bewunderten, wiederzubeleben. Diese Wähler hätten keine Macht, irgendetwas an diesen Verhältnissen zu ändern, wenn sie sich mit ihrem Schicksal abfänden und die Machthaber in Anzügen Amok laufen lassen würden. 

Bessere Argumente für "man sollte es einfach hinnehmen und den Mund halten" liefern Länder wie Tunesien, Libyen, Irak, Syrien und Jemen, wo die Hoffnungen auf ein besseres Leben – durch aktives Handeln und nicht durch Passivität – gewaltsam zerstört wurden und jeder Versuch, etwas am Elend zu ändern, auf die eine oder andere Weise ins Auge gegangen zu sein scheint. Natürlich ist sich der aufmerksame Leser bewusst, dass dabei unzählige geopolitische Faktoren im Spiel waren und dass die Menschen trotz der Nachbeben des politischen Wandels nicht aufgegeben haben, ihre blutigen Träume in eine würdige Realität für sich selbst und für künftige Generationen zu verwandeln. 

Kollektive Hoffnungen und Nationenpsychologie beiseite, stellen wir auf einer persönlicheren Ebene oft fest, dass Menschen sowohl körperlich als auch psychisch zerstörerische Gewohnheiten und Verhaltensmuster annehmen oder in ihrem Leben lediglich als gefühlslose Wesen existieren. Es fühlt sich auf gewisse Weise nunmal sicherer an, in einer eng vertrauten Höllengrube zu existieren, als einen gänzlich neuen Weg zu beschreiten, der einem vielleicht Türen zu unvorstellbarem Frieden und Erfüllung öffnen könnte. Während die erste Option – in der Höllengrube bleiben – verständlicher erscheinen mag, nicht zuletzt zumal dieses Verhalten auch in unserem unmittelbaren sozialen Umfeld weit verbreitet ist, behaupte ich, dass es mit dem Wesen der menschlichen Natur unvereinbar ist, die zweite Option – Veränderung und Fortschritt – aus Angst vor dem Unbekannten einfach zu verdrängen. Unsere Urahnen hätten sich nicht aus ihren Höhlenwohnungen herausgewagt, wenn sie nicht das Bedürfnis gehabt hätten, sich besser zu ernähren und komfortabler zu leben, trotz der für sie sehr realen Bedrohung durch wilde Tiere oder andere hungergetriebene Menschen.

Der Handlungsaufruf lautet: Das Gras auf der anderen Seite des Zauns ist nicht nur grüner, sondern ein Regenbogen gesunden Blattwerks, kreiiert durch Wachstum und Verbesserung.

Machen Sie den ersten Schritt und Sie werden hingerrisen sein von den Farben, die in Ihnen stecken.



Übersetzung: Olivia Haese

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