Arthur Abraham: "Meine Kinder sollen lieber Fußball spielen"
01.02.2016 -Awetik Abrahamjan ist ein deutscher Profiboxer armenischer Herkunft. Bisher ist er der unbesiegte Weltmeister im Mittelgewicht. DAS MILIEU sprach mit Arthur Abraham über seinen Bezug zu Armenien, seinen Karrierebeginn im Radsport, den Boxsport, die Wichtigkeit von Geld und Pläne für die Zukunft.
DAS MILIEU: Welche Verbindung pflegst du noch zur Heimat?
Abraham: Ich liebe Armenien, ich bin dort geboren und aufgewachsen, niemand sollte seine Heimat vergessen. Aber Deutschland ist ebenfalls meine Heimat, in diesem Land bin ich zu dem geworden, was ich jetzt bin. Ich habe auch eine sehr enge Verbindung zu meiner Heimat, meine Familie Lebt dort, und ich besuche sie sehr oft.
DAS MILIEU: Was schätzt du am meisten an Deutschland?
Abraham: Deutschland ist das beste Land der Welt, es bietet dir sehr viele Möglichkeiten. Es ermöglicht einem eine sichere Zukunft mit vielen Freiheiten und Möglichkeiten, aber mit Sicherheiten die das Leben erleichtern. Hier herrscht ein System mit einem Konzept, und dieses ist etwas sehr besonderes.
DAS MILIEU: Ich hab gelesen, dass du Radsportler warst, bevor du deine Boxerkarriere begonnen hast. Wie kam es dazu?
Abraham: Ja das stimmt, durch meinen Onkel bin ich dazu gekommen. Er war Radsportler und mehrfacher Meister in Armenien. Doch ich hatte früher kein Fahrrad, da meine Eltern mir kein Fahrrad kaufen wollten, weil unser Haus direkt an der Straße lag und sie hatten Angst dass mir etwas passieren könnte. Doch ich mochte sehr gerne Fahrrad fahren - und deshalb habe ich meinen Onkel angesprochen und er hat mich zum Radsport gebracht. Somit bin ich ein guter Radfahrer geworden und war sogar mehrfacher Jugendmeister im Radsport in Armenien. Danach bin ich mit 15 Jahren nach Deutschland gekommen und konnte hier auch einen Meistertitel gewinnen und habe auch mehrere Tourniere gewonnen und so hat sich das Radfahren für mich entwickelt.
DAS MILIEU: Du bist 1995 mit 15 Jahren nach Deutschland gekommen. Wie war das für dich?
Abraham: Anfangs, hat es sich sehr komisch angefühlt, ich konnte die deutsche Sprache nicht sprechen und ich habe mich auch nicht so wohl gefühlt. Da ich mich mit niemanden unterhalten konnte und somit auch keine Freunde hatte - in der Zeit war es sehr schwer für mich. Doch mit der Zeit habe ich die Sprache gelernt und jetzt geht es nicht mehr ohne Deutschland.
DAS MILIEU: Wie kamst du vom Radsport zum Boxen?
Abraham: Früher war ich körperlich nicht so stark und habe mir immer die Boxkämpfe von Mike Tyson angeschaut und das hat mich motiviert auch so stark werden zu wollen und ich habe beschlossen zweimal die Woche zum Sport zu gehen. Früher habe ich in Bamberg in Bayern gelebt und dort habe ich einen kleinen Verein gefunden, der LTSV 1930 - so hat meine Karriere begonnen, zuerst bin ich nur zweimal die Woche zum Training gegangen und da hat sich immer weiter gesteigert.
DAS MILIEU: Boxen ist nicht nur ein Sport, sondern auch ein hartes Geschäft. Welche Rolle spielt für dich Geld als Profiboxer?
Abraham: Meiner Meinung nach arbeitet jeder Mensch fürs Geld, denn es ist fürs Überleben notwendig. Doch wenn das Geld dann da ist, spürt man dass dies nicht alles ist. Denn viel wichtiger sind Gesundheit, Erfolg, Familie, gute Freunde und eine gute Arbeit im Leben. Das spürt man, wenn Geld vorhanden ist, doch wenn kein Geld da ist, denkt man an alles Mögliche, was man mit Geld kaufen könnte. Ich kenne das, denn früher hatte ich im Monat vielleicht nur 30 Euro, doch selbst dieses Geld ging auf Fahrtkosten drauf. Von einem Essen im Restaurant konnte ich nur träumen. Das war mein Leben - doch wenn Geld da ist, merkst du dass es andere Sachen gibt, die viel wichtiger sind als Geld.
DAS MILIEU: Es gibt Menschen, die sagen, dass Boxen gerade im Schwergewicht früher sehr spannend war und heute sehr langweilig ist. Wie siehst du das?
Abraham: Nein, das ist von Gegner zu Gegner unterschiedlich, es gibt attraktive Sportler in der Schwergewichtsklasse und nicht attraktive. Doch heutzutage beherrschen die Klitschkos alles und das ist gut genug. Früher gab es Muhammad Ali, Joe Frazier und Mike Tyson und die Zeiten haben sich geändert und jeder Boxer hat seine eigene Handschrift, denn so wie diese Person schreibt, so boxt er auch. Aber früher war dieser Sport auch viel brutaler, doch das hat sich geändert.
DAS MILIEU: Wie bereitest du dich auf einen Kampf vor?
Abraham: Als erstes mache ich viel Konditionstraining, viele Technik-Übungen, viel am Sandsack üben. Danach folgt das Partner-Training im Ring bis hin zum Kampf. Und ca. eine Woche vor dem offiziellen Kampf ist die Erholungsphase, in der Woche werden kurze, aber sehr effektive Einheiten durchgeführt.
DAS MILIEU: Was mich sehr interessiert: wenn man so viele Runden im Ring ist, gibt es auch Momente, in denen man mal an etwas anderes denkt als an den Kampf? Was denkst und empfindest du während des Kampfes?
Abraham: Während des Kampfes kannst du einfach an nichts anderes denken, es wird alles ausgeblendet und nur an den Erfolg gedacht. Denn im Ring habe ich nichts anderes, außer dass ich da bin und meine Ehre verteidigen muss.
DAS MILIEU: Wenn man nach einem Faustschlag Blut fließen sieht, wird man dann aggressiver oder weicher?
Abraham: Nein, das ist Gewöhnungssache, denn wenn die Nase blutet, höre ich nicht auf zu schlagen. Es wird nur aufgehört, wenn der Gegner aufgibt, erst dann ist der Kampf beendet. Das ist zwar brutal, aber das gehört zu dem Sport dazu.
DAS MILIEU: Würdest du wollen, dass deine Kinder boxen?
Abraham: Lieber nicht, nein eher nicht. Die sollen lieber Fußball spielen. (lacht) Ich würde nicht wollen dass sie boxen. Doch wenn sie es unbedingt wollen, könnte ich sie nicht stoppen.
DAS MILIEU: Du finanzierst deine Familie. Deine Eltern sollen nicht mehr arbeiten. Warum?
Abraham: Ja, genau sie haben jahrelang gearbeitet und sie haben für uns alles getan. Mit wenig Geld haben sie mich auf einen guten Weg gebracht. Seitdem ich Profiboxer geworden bin arbeiten sie nicht mehr. Denn wenn ich die Möglichkeit habe sie zu unterstützen, dann mache ich dieses sehr gerne.
DAS MILIEU: Was sind denn deine Pläne für die Zukunft?
Abraham: Meine Pläne für die Zukunft sind, dass ich in meiner Gewichtsklasse noch einen Gürtel gewinnen möchte, noch 2 ½ Jahre möchte ich boxen und dann reicht es auch. Danach möchte ich noch im Boxbereich bleiben, vielleicht im Management, aber nicht als Trainer, dazu bin ich nicht geeignet da ich nicht die Nerven dazu habe.
DAS MILIEU: Vielen Dank für das Interview, Arthur!
Trankribiert von Tayyeba Raja