Bildungssystem

Die Schule von heute ist Schnee von gestern

01.02.2015 - Tousiq Ahmad

Schule macht dumm. Lässt man diese Aussage so stehen, fühlen sich Schüler übers Ohr gehauen, Lehrer provoziert und Kritiker überzeugt. In der heutigen Zeit gibt es genug Themen, bei denen sich unsere Geister scheiden. Sei es die Waffenlieferung an IS-Gegner, der ständige Konflikt zwischen Ost und West oder eben das Schulsystem in Deutschland. Doch lässt sich solch ein komplexes Thema in Kürze abhandeln, und ist eine Revolution des Schulsystems in Deutschland unentbehrlich?

Wie ist Dummheit in diesem Kontext zu verstehen? Dummheit ist nicht, wenn man nicht alles weiß. Also die neusten Rechtschreibregeln nicht beherrscht, die einzelnen Literaturepochen nicht richtig zuordnen kann, oder über das politische System, in dem man lebt, nicht genauestens informiert ist. Das ist fehlendes Wissen. Wenn Interesse daran besteht, kann man sich diese aneignen. Dummheit ist nicht das was man nicht lernt, sondern gehört zu dem, was man lernt. Muss also mit Dummheit der Erwerb von Wissen verstanden werden, der in den Schulen gelehrt wird?

Bereits in jungen Jahren beginnen wir mit unserer schulischen Laufbahn. In diesem Alter besitzt der Mensch eine hohe Lernbereitschaft und ein großes Auffassungsvermögen. Doch sobald er die Schule besucht wird nur noch das gelehrt, was dem Kapitalismus nützt. Die Schüler sollen im Endeffekt dazu gebracht werden Deutschland ökonomisch voranzubringen. Das ist doch jedermanns Traum. Die Entwicklung des Einzelnen wird aber dabei außer Acht gelassen.

Schaut man sich die verschiedenen Definitionen zu dem Wort „Bildung“ an, so lässt sich auch da deutlich erkennen, dass der positive Lernerfolg des Schülers und auch die Schaffung von Begeisterung zu gewissen Dingen nicht im Vordergrund stehen. Wieso auch? Schließlich wollen wir unser Vaterland voranbringen. Das wird nicht erreicht, wenn man sich mit solchen Kleinigkeiten befasst.

Für den Schüler ist der Erfolgsmaßstab des Lernens die gute Note und nicht etwa das Verstehen. Hier sind wir schon an einem weiteren wichtigen Punkt, dem sogenannten Bulimie-Lernen. Belohnt wird hierbei derjenige, der eine selbstzerstörende Festplatte in sich trägt. Unmittelbar vor einer Klausur wird der ganze Lernstoff aufgenommen und kurz nach dem erfolgreichen Gelingen wieder ausgekotzt. Doch kann man nicht alle über einen Kamm scheren. Es gibt Schüler, die dies nicht ganz so gut beherrschen und teilweise nur durch das konkrete Lernen und Begreifen im Unterricht lernen. Doch aufgrund des straffen Zeitplans des Lehrers, was der Zeit mehr Gewichtung beimisst, als der positive Lernerfolg im Unterricht, wird der Schüler bestraft, da er im Unterricht nicht folgen konnte und dementsprechend eine schlechtere Note erhält.

Die Art und Weise wie an unseren sterilen Schulen gelehrt wird, muss geändert werden. Jeder besitzt individuelle Stärken, die gefördert werden müssen, indem man Schüler begeistert. Nur dann bleibt das Gelernte auch im Kopf hängen. Außerdem muss gerade die oben genannte Leidenschaft gestärkt werden. Schule muss als ein Ort der Selbstverwirklichung betrachtet werden, an dem die Interessen der Schüler berücksichtigt werden. Vor allem junge Schüler befinden sich in der Schule in dem Alter, wo sie die Freude am Lernen nicht verlieren dürfen.

Zeitgemäße Lerninhalte müssen in den Unterricht mit einfließen. Im Deutschunterricht wird mit Literatur aus vergangenen Jahrhunderten gezeigt, wie die Menschen damals lebten und unter welchen Einflüssen sie zu leiden hatten. Einige Schüler wird das auch interessieren, aber der Großteil wird sich langweilen. Man könnte die Bücher auf die heutige Zeit umschreiben und nachspielen und dadurch kreativ werden. Dies ist nur ein Beispiel.
Genauso sieht es im Fach Mathematik aus. Mein Mathelehrer sagte mir und meinen Kameraden stets, dass man in allen Studiengängen und in jeder Berufsrichtung Mathematik bräuchte. Stimmt nicht. Den Schülern wird durch die Vermittlung von Angst versucht sich mehr anzustrengen, ansonsten könnten sie nicht ihre Ziele erreichen. Jüngere Schüler fühlen sich dadurch unter Druck gesetzt. Darauf sollte der Unterricht nicht aufbauen.

Viele freuen sich darüber, wie weit entwickelt wir im 21. Jahrhundert doch sind. Doch nimmt man die Dinge genauer unter die Lupe entspricht dies nicht ganz der Wahrheit. Sei es dass Frauen weniger verdienen als Männer und nur einen geringen Teil der Spitzenpositionen besetzen, dass Hartz 4 Empfänger in diesem Staat Opfer des kapitalistischen Systems geworden sind oder dass die Abneigung gegenüber Einwanderern wächst. Wenn sich diese Dinge ändern sollen, muss sich auch das Bildungssystem der Zeit anpassen. Es darf kein starres Bildungssystem herrschen. Das ist durchaus möglich auch ohne komplettes Umkrempeln des Schulsystems. Es muss nur eine neue Richtung eingeschlagen werden, damit der Unterricht im 21. Jahrhundert attraktiver gestaltet wird.

Die Auffassung Schule mache dumm ist also kein zufälliges Versagen, sondern ein Auftrag der Schule in unserem Staat. Sobald kein konstruktiver Alternativvorschlag gegeben wird und die einzelnen Bundesländer nicht an einen Strang ziehen, bleibt diese Diskussion aktuell.

 

 

 

 

 

 

 

Foto: © mkorsakov

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