Psychologie

Emotionale Intelligenz - der clevere Umgang mit Gefühlen

15.07.2014 - Sumbal Jawid

Wir wissen wie man Smartphones, einen Computer und auch andere technischen Dinge bedient. Doch wir haben im Zeitalter des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts vergessen, wie wir unsere Mitmenschen bedienen, ja wie wir uns selber „bedienen“ – wie wir mit Emotionen umgehen.

Gefühle gehören zum Leben. Sie kommen und gehen, haben jedoch immer einen Grund und einen Auslöser. Sie ergeben im Endeffekt einen Sinn, den wir jedoch nicht immer gleich erkennen, sondern erst mit der Zeit. Doch was machen Gefühle mit uns? Manchmal überwältigen sie uns, lassen uns Höchstleitungen vollbringen und dann gibt es Tage, an denen sie uns den Weg nach vorne versperren.


Emotionale Intelligenz beschreibt die Fähigkeit seine eigenen und die Emotionen seiner Mitmenschen wahrzunehmen, zu interpretieren und im Idealfall zu beeinflussen. Der Begriff wurde 1990 von den Psychologen John D. Mayer und Peter Salovey eingeführt. Popularität erlang der Begriff jedoch erst 1995 durch den Psychologen Daniel Goleman und seinem Bestseller “EQ Emotionale Intelligenz“. Emotionale Intelligenz bezieht sich vor allem auf Situationen, in denen man sehr emotionsgeladen handelt und sich im Nachhinein fragt wie es so kommen konnte und dies auch teilweise bereut. Oft sind es angestaute Emotionen, denen man lange Zeit keine Beachtung geschenkt hat. Emotional intelligent ist, wenn man weiß wie man sich in solchen Situationen verhält und es erst gar nicht so weit kommen lässt, also sich von vornherein präventiv verhält.


In Golemans Buch spricht der Autor über die Wiedervereinigung von Herz und Verstand, so dass beide mit sich selbst  in Einklang sind. Wenn man sich selbst kennt, die eigenen Stärken und Schwächen, dann geht man bestimmten Situationen bewusst aus dem Weg. Dabei erspart man sich Ärger und trägt zum eigenen Wohlbefinden bei. Wenn sich Emotionen anstauen, dann lässt man sie an andere oder in ander Form aus. Sehr impulsiv regt man sich über Dinge auf, für die es sich normalerweise nicht lohnt. Denn unsere Emotionen sind wie ein Motor, der uns voranbringt. Sind diese durcheinander, fällt es uns schwer uns auf etwas zu konzentrieren. Wir werden unproduktiv und unser seelisches Wohlbefinden ist gestört.

 

Gefühle dürfen nicht sofort bewertet werden, denn es geht in jedem Leben auf und ab. Wir müssen sie stattdessen erkennen und akzeptieren. Hierbei müssen wir uns eine Art von Selbstmanagement aneignen. Innere Konflikte lösen. Uns selber Zeit geben, anstatt die Trennung von der letzten Beziehung einfach auf  Parties “wegzufeiern“. Wir dürfen nicht gegen, sondern müssen mit unseren Gefühlen leben. Angst vor den eigenen Gefühlen müssen wir uns dabei abgewöhnen. Egal ob Trauer, Wut, Unsicherheit oder Freude, wir müssen sie zulassen.

 

Leistungsgesellschaft

 

Wir müssen ständig leisten und dadurch eine nicht unbedingt gesunde Produktivität an den Tag legen. Selten bleibt dabei Zeit, auf unsere Emotionen und unsere innere Stimme zu hören. Ob im Studium, in der Berufswelt oder in der Schule. Es wird immer mehr von uns verlangt. Ein Urlaub ist nicht unbedingt entspannend, wenn im Hinterkopf ständig die bevorstehende Arbeit und der Leistungsdruck lauert. Sich auch mal mit weniger zufrieden zu geben, wäre eine Alternative, denn wir wollen immer mehr und denken, dass diese vielen Möglichkeiten uns erfüllen, wobei wissenschaftlich bewiesen wurde, dass zu viele Möglichkeiten eher unglücklich machen. Es scheint als müssten sich die Menschen den Standards der Gesellschaft anpassen. Jedoch sollten sich die Forderungen im Berufsalltag, in der Schule und im Studium, natürlich im realistischen Maße, auch mal an die Natur des Menschen anpassen. Wir sind nun mal keine Maschinen und haben nicht unbegrenzte Energie zur Verfügung, und wenn wir diese Energie nur unserer Arbeit, unserem Studium widmen, wo bleibt da die Zeit für uns selbst, für eine Selbstreflexion? Da gibt es beispielsweise die Stellenangebote, bei denen an oberster Stelle Flexibilität steht. Die Flexibilität im Job klingt nach viel Abenteuer und Spaß. Ständig auf Geschäftsreise, Neues entdecken. Man könnte es aber auch Reizüberflutung nennen.


EQ statt IQ


Lange Zeit galt der IQ als das Maß für Erfolg im Leben schlechthin. Doch diese Meinung ist längst überholt und auch wiederlegt. Für ein erfülltes und glückliches Leben ist eher die emotionale Ebene von grundlegender Bedeutung und danach erst der IQ. Konfliktbewältigung, Selbstmanagement und Selbstmotivation sind von großer Bedeutung. Man kann noch so gute Fachkenntnisse haben, wenn man aber keine Kenntnisse über sich selbst besitzt, dann wird man im Leben immer wieder stolpern.


Kinder und Emotionen


Laut Goleman droht die soziale und emotionale Kompetenz von Kindern zu verkümmern. Sie müssen den Preis für unsere technischen und wirtschaftlichen Fortschritte zahlen. Wir Erwachsenen gehen mit Emotionen so um, wie es unsere Eltern uns beigebracht haben und so wie wir es bei unseren Bezugspersonen beobachten konnten. Wenn wir nicht gelernt haben wie man mit Wut, Trauer und Angst umgeht, dann werden wir zu unsicheren Persönlichkeiten. Denn wer sich seiner Emotionen bewusst ist, der ist auch gleichzeitig viel selbstbewusster. Kindern wird oft alles vorgekaut. Ihnen wird gesagt, in welche Richtung sie gehen müssen. Ein Terminkalender, der nicht von den Kindern selbst, sondern von den Eltern geplant wird. Neben Klavierstunden noch Tanzunterricht, und der Vereinssport darf da auch nicht zu kurz kommen. Natürlich sind das Dinge, die ein Kind fördern und für die das Kind irgendwann sicherlich dankbar sein wird. Jedoch fehlt dabei die Eigenständigkeit der Kinder. Kinder sollten auch mal selber entscheiden können was sie machen möchten und was nicht. Eltern sollten sie einfach auch mal machen lassen und ihnen vertrauen, um ihnen bei der Stärkung ihres Charakters  zu helfen. Sie müssen lernen sich selbst zu motivieren und impulsive Reaktionen, die sie im Nachhinein bereuen, zu vermeiden. So werden sie zu Erwachsenen, die später erfolgreicher und erfüllter durchs Leben gehen.

 

Genau so wie es ungesunde Nahrung gibt, die uns mehr schadet als nützt, so gibt es auch ungesunde Verhaltensweisen: Menschen, die ihren Gefühlen kein Ausdruck verleihen, alles in sich hineinfressen und nach außen hin eine Unbekümmertheit ausstrahlen.  Diese emotionale “Bescheidenheit“, die Angst vor den eigenen Gefühlen, ist absolut ungesund. Meistens hat das tiefere Beweggründe und es wurde einem als Kind nicht beigebracht, wie man mit inneren Konflikten umgeht. Doch den Umgang mit Gefühlen kann man immer noch lernen, dafür ist es nie zu spät, denn Gefühle sind an sich etwas schönes und sind ein Wegweiser zugleich. Ein Wegweiser zu sich selbst und ein Wegweiser durchs Leben. Früher nannte man die emotionale Intelligenz noch Herzensbildung. Seinem Herz Gehör verleihen lautet die Devise. Emotionale Intelligenz lässt sich nicht wie der IQ einfach messen. Und genau das ist es doch: Man kann nicht alles messen und alles wissen, man muss auch einfach mal fühlen, denn unsere innere Stimme, unsere Intuition ist ein Kompass, unser Wegweiser und auf den müssen wir hören und dürfen uns nicht von fremden Stimmen leiten lassen.

 

 

 

Foto: © Arnett Gill

Autoren benötigen Worte.
Worte benötigen Zeit

Unterstützen