Hermeneutik

Gadamer unplugged

15.10.2018 - Dr. Christoph Quarch

Es war erstaunlich leicht, einen Termin bei dem berühmten Emeritus zu bekommen. Obgleich knapp hundert Jahre alt, war sich Hans-Georg Gadamer nie zu schade, einen einfachen Studenten der Philosophie bei sich daheim am Büchsenackerhang in Heidelberg zu empfangen. Und wenn man dann umgeben von Bücherstapeln im dämmrigen Arbeitszimmer des Denkers saß, konnte man mit etwas Glück sogar den Grund seiner Gastfreiheit erfahren: „Nichts hält so gut jung wie das angeregte Gespräch mit jungen Leuten“.

Der Jungbrunnen hat Wirkung gezeigt. 102 Jahre alt ist Hans-Georg Gadamer geworden – als einer der ganz wenigen Menschen, die in drei Jahrhunderten gelebt haben (zumindest dann, wenn man sein Geburtsjahr 1900 noch dem 19. Jahrhundert zurechnet). Vergreist ist er nie. Noch als über Hundertjähriger arbeitete er an Vorträgen und Veröffentlichungen; so wie es seiner Philosophie entsprach, war er doch zutiefst davon überzeugt, dass die Stimme der Denker im öffentlichen Diskurs gegenwärtig sein müsse: dass gerade sie an diesem Diskurs teilnehmen und ihn mitbestimmen sollten. Besonders dann, wenn der Mensch sich – wie zu seinen Lebzeiten – durch technische und wissenschaftliche Neuerungen ungeheure neue Möglichkeiten schafft. „Der Philosophie“, schrieb er kurz vor der digitalen Revolution im Jahre 1985, „ist die neue Aufgabe gestellt, die Extreme des forschenden Aufbruchs ins Unbekannte und die Bewahrung eines vertrauten und verständlichen Lebenswissens miteinander zu vermitteln“ – Worte eines Menschen, der als Greis das Internet erkundete und als Knabe einen Mann kannte, der ihm von seinen Besuchen beim alten Goethe erzählte …

Die Kunst, Unrecht haben zu können


Kein Wunder so gesehen, dass Gadamer Zeit seines Lebens wach und geprächsbereit blieb. „Dass ich mich langweilen werde, kann ich mir schwer vorstellen“, sagte er als 93-Jähriger in einem Interview. Und er erklärte: „Das dürfte im Begriff der Erfahrung selber liegen. Eine Erfahrung zu machen, bietet immer wieder neue Anknüpfungspunkte für neue Erfahrung. Und das heißt wach sein“. Diese Wach- und Achtsamkeit, diese Neugier und Offenheit: Sie sind nicht nur die Charakterzüge des Philosophen Hans-Georg Gadamer, sie sind auch Grundthemen der von ihm entwickelten philosophischen Hermeneutik. Gefragt nach einer Erklärung dieses sperrigen Begriffs „Hermeneutik“, pflegte er wahlweise zu antworten: „die Kunst, zuhören zu können“ oder „die Kunst, Unrecht haben zu können“. Beides hängt offenbar eng miteinander zusammen: zwei Seiten eines philosophischen Programms, das die Offenheit für den Anderen oder das Andere in den Mittelpunkt rückt – die Bereitschaft, sich in der Begegnung mit einem Gegenüber auf das Geschehen der Verständigung einzulassen.

Ursprünglich stammt der Begriff der „Hermeneutik“ aus der Theologie. Friedrich Schleiermacher (1768-1834) etwa verwendete den Begriff für das, was er eine „Kunstlehre des Verstehens“ nannte, die bei der Auslegung biblischer Texte ihre Anwendung finden sollte. Gadamer jedoch gibt dem Begriff eine andere Bedeutung: Hermeneutik ist in seiner Philosophie so etwas wie eine Grundsignatur des Menschseins, die ins Bewusstsein zu heben und auszubilden den Menschen befähigt, sich selbst und die Welt im Kontext seiner jeweiligen Kultur und Herkunft zu verstehen und darin seiner Lebendigkeit gerecht zu werden. Eben dazu will die philosophische Hermeneutik den Weg weisen.

Unverzichtbar dafür ist in Gadamers Augen das Gespräch: „Auf alles zu hören, was uns etwas sagt, und es uns gesagt sein zu lassen, darin liegt der hohe Anspruch, der an jeden Menschen gestellt ist“, sagte er. Und weiter: „Sich für sich selbst daran zu erinnern, ist eines jeden eigenste Sache. Es für alle und für alle überzeugend zu tun, ist die Aufgabe der Philosophie“. Damit hat er Ernst gemacht; vor allem in seinem 1960 erschienenen Hauptwerk „Wahrheit und Methode“, worin er dargelegt, inwiefern sich Menschsein darin verwirklicht, in der achtsamen dialogischen Begegnung mit dem Anderen Wahrheit zu erschließen und Sinn zu ergründen.

Wenn Horizonte verschmelzen


Neben dem Hören kommt in Gadamers Philosophie des Verstehens dem Fragen die höchste Bedeutung zu. „Man macht keine Erfahrung ohne die Aktivität des Fragens“, notiert er in „Wahrheit und Methode“. Denn erst das Fragen öffne einen Raum, worin sich echtes Verstehen ereignen kann. Dabei sei aber zu beachten, dass die Offenheit der Frage nicht uferlos sein dürfe. „Sie schließt vielmehr die bestimmte Umgrenzung durch einen Fragehorizont ein“. Dieser Fragehorizont weist dem Fragen die Richtung. Dabei ist er markiert durch das Vorverständnis des Fragenden: sein Vorwissen, seine Ahnung, seine je eigene Perspektive. Diesen eigenen, individuellen Fragehorizont dialogisch mit dem Horizont des Anderen zu vermitteln, ist das eigentliche Ereignis des Verstehens bzw. der Verständigung. Nicht zufällig beschreibt Gadamer es als eine „Horizontverschmelzung“. „Verstehen“, sagt er, ist „immer der Vorgang der Verschmelzung solcher vermeintlich für sich seiender Horizonte“.

Damit die Horizontverschmelzung gelingt und Verständigung sich ereignet, ist zweierlei erforderlich: zum einen ein klares Bewusstsein für den eigenen Fragehorizont, zum anderen die Bereitschaft, sich vom Anderen in Frage stellen zu lassen. Wer den eigenen Fragehorizont erhellen möchte, braucht einen wachen Sinn für die eigene Herkunft. Gadamer hat mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass der Mensch ein geschichtliches Wesen ist, das – ob es ihm nun schmeckt oder nicht – von Faktoren geprägt ist, die sich seiner Verfügbarkeit entziehen: seiner Kultur, seiner Tradition, seiner Muttersprache. Vor allem diese drei definieren die persönliche Perspektive bzw. den Horizont, vor dem ein jeder sich auf individuelle Weise zur Welt und zu sich selbst verhält. Dieser „Horizont der Gegenwart“, notiert er in „Wahrheit und Methode“ bildet sich gar nicht ohne die Vergangenheit“. Denn „in Wahrheit gehört die Geschichte nicht uns, sondern wir gehören ihr“.

Das ist ein bemerkenswerter Satz, weil er gegen die heute gängige Überschätzung der Selbstbestimmung des Menschen Einspruch erhebt. Für Gadamer ist klar, dass unser Denken, unser Fühlen und unsere Wahrnehmung durch unsere geschichtliche und kulturelle Herkunft formatiert sind. Ein objektiver Blick auf die Welt ist ebenso unmöglich wie ein nicht durch unsere Herkunft geprägtes Handeln. „Der Fokus der Subjektivität ist ein Zerrspiegel“, sagt Gadamer, und „die Selbstbesinnung des Individuums ist nur ein Flackern im geschlossenen Stromkreis des geschichtlichen Lebens“. Deshalb seien auch die von der Aufklärung so verfemten Vorurteile und Vormeinungen des Einzelnen in keiner Weise verwerflich oder auszublenden, wenn es darum geht, sich selbst und die Welt verstehend zu erschließen.
 
Einlassen auf das Andere


Neben der Bewusstwerdung des eigenen und dabei doch geschichtlich-kulturell gewachsenen Fragehorizonts, bedarf es für das Ereignis des Verstehens der Begegnung mit dem Anderen und Fremden. Warum? Weil nur von ihm aus der eigene, enge Horizont unseres Daseins aufgebrochen und in Frage gestellt werden kann; weil nur durch den Anspruch eines Gegenübers ein wirkliches Gespräch in Gang kommen wird, in dessen Folge sich die Horizonte der Gesprächspartner weiten und zu einem tieferen Verständnis verbinden können.

In seinem späten Vortrag „Das Erbe Europas“ geht er noch einen Schritt weiter und formuliert: „Wir müssen den Anderen und das Andere achten lernen. […] Mit dem Anderen leben, als der Andere des Anderen leben, diese menschliche Grundaufgabe gilt im kleinsten wie im größten Maßstab“. Denn: „Der Andere ist der Weg, wie man sich selbst erkennt.“ Wobei dieser Andere vieles sein kann: der junge Student, der den alten Denker besucht, ein Weggefährte, ein Kritiker – genauso aber auch ein Kunstwerk, ein Gedicht, eine philosophische Abhandlung oder ein flüchtig aufgeschnapptes Zitat: Sie alle sind dazu angetan, eingefahrene Überzeugungen in Frage zu stellen und die dialogische Verständigung über Sinnfragen zu provozieren.

Mit Platon im Gespräch


Das ist nicht zuletzt der Grund dafür, warum Gadamer seine eigene Philosophie durchgängig in der Auseinandersetzung mit anderen Dichtern und Denkern entwickelt hat. Egal ob sie vor über 2500 Jahren lebten oder Zeitgenossen waren – stets hat er sie als Gesprächspartner ernst genommen und seine eigenen Gedanken durch sie in Frage stellen lassen. Besonders Platon und die griechische Philosophie waren für ihn unerschöpfliche Quellen der Inspiration, fand er doch in ihnen ein ursprüngliches dialogisches Philosophieren, das sich nicht damit zufrieden gab, die Wirklichkeit zu beschreiben, sondern sie auf ihre Sinnhaftigkeit hin durchdringen wollte. So verweist Gadamer wieder und wieder auf Sokrates als den eigentlichen Archetypus der hermeneutischen Philosophie, etwa wenn dieser in Platons Phaidon zu verstehen gibt, dass es ihm als Antwort auf die Frage, warum er im Kerker sitze und gelassen seiner Hinrichtung entgegensehe, nicht genügt zu sagen: „Weil mein Leib aus Knochen und Sehnen besteht und die Knochen dicht sind und durch Gelenke voneinander geschieden“ usw.. Nein, die wirkliche Antwort auf diese Frage könne nur sein: „Weil es mir besser und gerechter erschienen ist, hier sitzen zu bleiben und die Strafe auszustehen, die die Athener mir verordnet haben“.

Wahrheit statt Methode


Verstehen von Sinn, das hat Gadamer bei Platon gelernt, ist ganz etwas anderes als die wissenschaftliche Beschreibung der Welt. Während die Wissenschaft auf dem Wege der empirischen Forschung unverrückbare, objektiv nachprüfbare Tatbestände zu ermitteln sucht, bewegt sich das hermeneutische Verstehen auf dem sehr viel schwankenderen Boden gewachsener menschlicher Traditionen, Überzeugungen und Perspektiven. Eben diesen unsicheren Boden gegen die Kolonialisierung des Lebens durch das objektive Feststellen des wissenschaftlich-technischen Denkens der Neuzeit zu verteidigen, ist Gadamers eigentliche philosophische Mission. Wahrheit statt Methode – dialogische Verständigung über die Welt statt methodische Verobjektivierung der Welt – das ist sein Programm, um der fortschreitenden Entfremdung des Menschen von seinen Sinnressourcen Kultur, Geschichte und Alltagssprache etwas entgegenzusetzen. Vor allem in seinen späten Vorträgen kreist er immer wieder um dieses Vorhaben, gegen die in seiner Wahrnehmung bedrohliche Dominanz des monologisch-methodischen Erkenntnisideals der Wissenschaft die Notwendigkeit der dialogisch-hermeneutischen Verständigung zur Geltung zu bringen.

Dieses Anliegen mag heute einigermaßen vertraut klingen, in Gadamers Jugendzeit war es das keineswegs. Als er 1918 in Breslau sein Studium begann, dominierten an Deutschlands philosophischen Fakultäten zwei Schulrichtungen, deren ganzer Stolz es war, die Philosophie als strenge Wissenschaft neu zu erfinden: hier der Neukantianismus in Marburg und Heidelberg, da die Phänomenologie Edmund Husserls in Freiburg. Der junge Gadamer geriet unter neukantianischen Einfluss, als er 1919 sein Studium in Marburg fortsetzte. Dort fand er in Paul Natorp (1854-1924) einen ersten wegweisenden Lehrer. Denn Natorp war es, der ihn dazu anhielt, mit einer Arbeit über Platon zu promovieren und damit den wichtigsten und langanhaltendsten philosophischen Dialog seines Lebens zu führen.

„Da war vom Leben die Rede“


Wichtiger und intensiver jedoch wurde für Gadamer eine andere Begegnung. Sie trug sich im Jahr 1923 zu, als Martin Heidegger einem Ruf nach Marburg folgte. Nach Heideggers Wirkung auf ihn gefragt, gab Gadamer an seinem 90. Geburtstag zu Protokoll: „Alles andere war langweilig. Punkt.“ Denn „mit Heidegger erschollen völlig ungewohnte, unakademische Töne vom Katheder. Da war vom Leben die Rede…“ Was Heideggers Denken in den Augen Gadamers so attraktiv und faszinierend machte, war die Wucht, mit der er die Philosophie aus den Höhen einer abstrakten Wissenschaft auf den Boden des menschlichen Lebens zurückriss. Er tat dies in der Auseinandersetzung mit Platon und Aristoteles – und öffnete damit seinen Hörern und Lesern die Augen dafür, dass hinter den Krusten einer jahrhundertlangen Dogmatisierung und Kanonisierung des antiken Denkens ein philosophischer Geist schlummerte, der vollkommen quer zu der damals modischen Verwissenschaftlichung des Denkens stand.

Während Heidegger jedoch in den Folgejahren – vor allem in seiner 1927 erschienenen Studie „Sein und Zeit“ - sich auf eine philosophische Durchdringung der menschlichen Existenz konzentrierte und dabei seine antiken Impulsgeber hinter sich ließ, blieb Gadamer den Griechen treu. Ja, es war gerade sein Ungenügen an Heideggers Platondeutung, die ihn auf den eigenen philosophischen Weg brachte.

1928 stellte er seine Habilitationsschrift über „Platons dialektische Ethik“ fertig – ein Buch, das insofern richtungweisend werden sollte, als er in ihm anhand der Sokratischen Dialogpraxis das Modell eines ob seiner Selbsttransparenz gelingenden, guten Lebens entwickelte. So entdeckte er im antiken Denken genau die „unlösbare Verwicklung von theoretischer und praktisch-politischer Lebensorientierung“, die für seine philosophische Hermeneutik grundlegend wurde. Hier, bei Platon und Aristoteles, fand Gadamer eine Denkweise, mit der er die Philosophie von ihrem Anspruch auf strenge Wissenschaftlichkeit glaubte kurieren zu können. Denn nicht das methodisch-kontrollierte Feststellen objektiver „Sachverhalte“ war für Platon Sinn und Zweck der Philosophie sein, sondern die stets unabgeschlossene dialogische Suche nach einem verständlichen Sinn und einem verantwortbaren Handeln, wie Sokrates in seiner Gesprächskunst vorbildlich demonstriert hatte.

Kritik am Expertentum


Doch davon ist in Gadamers Augen die moderne westliche Zivilisation weit entfernt. Das sei vor allem daran zu erkennen, welche hohe Bedeutung im öffentlichen Diskurs dem Experten beigemessen werde. Egal ob in Politik oder Wirtschaft – überall sah Gadamer eine in seinen Augen besorgniserregende Tendenz, Entscheidungskompetenzen und Verantwortlichkeiten an Experten zu delegieren – in der Hoffnung durch deren „objektives Wissen“ vom dialogischen Ringen und der oft mühsamen und zeitaufwendigen Verständigung mit dem Anderen entbunden zu werden. In Wahrheit aber sei es „ein Wahn der Aufklärung des 18. wie des 20. Jahrhunderts, dass es für alle Wahlentscheidungen Experten gibt“, und „alle Entscheidungen jeweils vom Wissenden in letzter Instanz abhängen“. Dagegen, so Gadamer, müsse die Sokratische Haltung des wissenden Nichtwissens geltend gemacht wissen: das Bewusstsein, dass Expertise und Kompetenz in bestimmten Sachgebieten keineswegs bedeuten, auch verantwortbare, sinnvolle und verständliche Entscheidungen darüber treffen zu können, wie Fachkenntnisse sinnvoll angewendet und nutzbar gemacht werden sollten. „Die wahre menschliche Weisheit“, sagte er, ist „sich des Nichtwissens im Wissenmüssen des Guten bewusst zu sein“.

Anwalt des Humboldtschen Bildungsideals


Sachkenntnisse und Expertentum allein machen noch lange keinen handlungsfähigen und verantwortungsbewussten Bürger. Den aber brauchen wir, gerade in einer Welt, in der Menschen infolge technischer Errungenschaften oder globaler Handlungsräume, vor neue Herausforderungen gestellt werden. Vor allem deshalb konnte sich Gadamer nicht damit anfreunden, dass von deutschen Schulen und Hochschulen das bewährte Humboldtsche Bildungsideal immer mehr verdrängt worden ist. Denn er fürchtete, der Mensch werde ohne historische Kenntnis der eigenen Tradition, ohne ein fundiertes Verständnis der eigenen Sprache und ohne die Fähigkeit, sich dem Befremdlichen und Anderen der Dichtung, Kunst oder Philosophie auszusetzen, die hermeneutische Kunst des Verstehens nicht mehr ausbilden. Ohne fundierte geisteswissenschaftliche Bildung, so Gadamer, bleibt eben nur die Flucht in die Expertokratie - die bei Lichte besehen den demokratischen Diskurs untergräbt.

Genau das aber wäre angesichts der großen Menschheitsaufgaben des 21. Jahrhunderts verhängnisvoll. Ob man dabei an die Gewaltexpansion des politischen Islam denkt oder die ökologischen Folgen des Klimawandels, so oder so wird die Menschheit eine hermeneutische Kompetenz der Verständigung benötigen, die am besten auf dem Boden fundierter Bildung und freier Diskurskultur gedeihen kann. Für beides stritt und warb Gadamer, für beides schuf er ein solides philosophisches Fundament, war er doch zutiefst davon überzeugt, dass wir nur dann „als Menschheit überleben werden, wenn es uns gelingen sollte zu lernen, dass wir nicht einfach unsere Mittel und Wirkungsmöglichkeiten ausnutzen dürfen, sondern vor dem Anderen als Anderen haltzumachen lernen, vor der Natur genau wie vor den gewachsenen Kulturen der Völker und der Staaten, und das wir so das Andere und die Anderen zu erfahren haben als die Anderen unserer Selbst, um aneinander teilzugewinnen.“

Dass dies gelingen möge, war Hans-Georg Gadamers große Sorge. Sein hundertster Geburtstag lag schon einige Wochen zurück, als der junge Student ihm ein letztes Mal die Aufwartung machte. Es war ein leuchtender Frühlingstag. Beim Abschied sagte Gadamer: Ihre Aufgabe wird es sein, eine Hermeneutik für den Dialog der Religionen zu entwickeln." Es scheint, als werde er auch hier Recht behalten.

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