Rezension

Glücksökonomie – Wer teilt, hat mehr vom Leben

01.10.2014 - Dr. Burkhard Luber

„Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“ – so wurde es als Menschenrecht 1776 in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung formuliert. Während die Verfasser damals unter „Glück“ den finanziellen Erfolg verstanden, vertreten die Autorinnen Annette Jensen und Ute Scheub unter „Glücksökonomie“ eine ganz andere wirtschaftliche Auffassung. Anstelle von Konkurrenz, Eigentum und Geld machen Kooperation, Teilen und Teilhaben glücklich.

Das Buch gliedert sich in zwei Ebenen. Die erste Ebene umfasst philosophische Reflexionen über das Glück des Teilens und die Kooperation als neue Wirtschaftsperspektive. Die zweite Ebene ist ein Lexikon, das Beispiele alternativen Wirtschaftens, die nicht mehr auf blindes, ungebremstes Wachstum setzen, sondern neue Wege beschreiten, aufführt.

 

Die Autorinnen gliedern die Präsentation dieser beiden Ebenen in folgende Kapitel:


- die Umverteilung von Geld, Arbeit und Status mit dem Ziel egalitärer Gesellschaften

 

- solidarische, selbstbestimmte Ökonomie

 

- digitales Teilen

 

- patentfreie Produktion

 

- lokales Tauschen und Teilen über das Internet

 

- offene Quellen

 

- Schwarmgeld

 

- dezentrale Organisation durch erneuerbare Energien

 

Die Reflexionen befassen sich mit den Dimensionen der Gleichheit, mit der besseren Verteilung der Arbeitszeit, der Solidarität, dem fairen Wirtschaften und der „Schenkwirtschaft“. Bei den Beispielen erfährt der Leser u.a. Details über Zeitbanken, Pflegewährungen und Genossenschaften. Auch im Bereich des Internets spüren Jensen und Scheub interessanten Alternativen jenseits des Mainstreams nach, wie z.B. Wikipedia, Freifunk und Open Street Map.

Das Buch schließt mit einem „Aktionsplan zur Förderung des Guten Lebens“, der eine Art Kompass für die Metamorphose der bisherigen Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur darstellen soll. Aus der Liste seiner Forderungen hier einige Beispiele: Selbermachen, Bevorzugung des Lokalen und von fehlerfreundlicher Technik, Open Source als Lebensprinzip, Förderung von Dezentralität und kleinteiliger Produktion.

 

Seite um Seite spürt man das Engagement von Jensen und Scheub, dem Leser ihre vielfältigen Entdeckungen der Teilhabe-Wirtschaft nahe zu bringen. So reiht sich Beispiel an Beispiel. Diese enorme Fülle ist leider auch der Grund, warum das Buch zwar so viele positiv aufregende und neue Wege aufweist, es aber dadurch auch sperrig in seiner Lektüre ist. Hier wäre ein gut gegliederter Index nützlich gewesen, der den Leser später schnell und gezielt bestimmte Projekte wieder auffinden lässt. Aber auch ohne das reiht sich das Buch gut in die Thematik „Aufbruch in ein alternatives Leben“ ein. Und weil es schlichtweg nicht möglich ist, in einer Rezension auf alle präsentierten Alternativprojekte einzugehen – an dieser Stelle eine kleine Auswahl:


- „Kleiderkreisel“: Internetplattform zum Verschenken, Tauschen oder Verkaufen von gebrauchter Kleidung


- „OpenStreetMap“: ein von Benutzern selbst gestaltetes Landkartenportal

 

- die Schweizer „WIR Bank“ arbeitet ohne Zinsen

 

Natürlich könnten anstelle der drei aufgezählten Beispiele auch viele andere stehen. Dies mag als Motivation dienen, das Buch zu kaufen.

 

 


Annette Jensen/ Ute Scheub: Glücksökonomie – Wer teilt, hat mehr vom Leben. Oekom Verlag 2014. 315 Seiten. 19,95 Euro

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