Wortkünste

Hier steh ich nun

01.05.2018 - Tuba Ahmed

Da steh ich nun.
Die Debatte um Antisemitismus ist entfacht. Und das ist auch gut und richtig so.
Bloß: es geht um muslimischen Antisemitismus.

Und da steh ich nun. Als Muslim.
Als Täter.
Als Judenhasser?

Mir wird schlecht.
All die Jahre, die ich mich in der Kindheit mit dem zweiten Weltkrieg befasst habe.
Wie ich gefesselt war vom Mut und von der Stärke der Menschen in „Die Kinder aus Theresienstadt“.
Wie ich geweint habe um den Jungen im gestreiften Pyjama.
Wie ich beim Lesen von „Anne Franks Tagebuch“ mit ihr gefühlt habe.
Wie „Die Bücherdiebin“ mein Herz erobert hat.
Wie Stefanie Zweigs Lebensgeschichte mich beeindruckt hat.
Wie ich fassungslos den Kopf geschüttelt habe und nicht begreifen konnte, wie so viele Menschen den Hass gegen Juden zulassen konnten.

Und hier steh ich nun.
Als Muslim.
Als Verurteilerin des Antisemitismus.
Als liebender Mensch.

Und schüttele traurig den Kopf.
Nie wieder sage ich mir. 
Und stehe dazu.
Ich habe zwar keine Kippa getragen.
Aber ich trage Verantwortung.
Damit ein „Nie wieder“ auch in Zukunft für jeden gilt. 


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