Rezension

Rich Dad, Poor Dad

15.12.2016 - Bele Krüger

Rich Dad, Poor Dad führt einem schwarz auf weiß vor Augen, was so offensichtlich ist, nämlich der Unterschied zwischen Arm und Reich: Reiche wissen, wie sie Geld für sich arbeiten lassen, Arme arbeiten für Geld. Das Buch versucht auf spielerische Weise zu erklären, warum man sich eventuell entscheiden sollte, nicht für Geld zu arbeiten und vermittelt Basiswissen über Finanzen.

Das Buch erzählt die Geschichte eines Jungens mit zwei Vätern: Der leibliche Vater, ein hoch gebildeter aber mit finanziellen Sorgen kämpfender Lehrer erzieht ihn zu Fleiß und guten Noten. Der reiche ist der Vater seines besten Freundes, ein Geschäftsmann ohne Schulabschluss. Die unterschiedliche Denkart der beiden Männer zeigt sich bereits auf den ersten Seiten: Während der eine erklärt, dass er arm sei, weil er Kinder habe, verkündet der andere, dass er reich sei, weil er Kinder habe. Während der eine sagt, dass er etwas nicht kaufen kann, da es zu teuer sei, fragt der andere, wie er diesen Gegenstand kaufen kann. Während der arme Vater dazu ermutigt, finanziell keine Risiken einzugehen, fordert der andere dazu auf, Risiken einzugehen. Und so erkennt der kleine Junge schon bald, dass es nicht an dem Betrag des Geldes liegt, dass sein leiblicher Vater arm blieb, sondern an seinen Gedanken und Handlungen: Zu fragen wie man einen Gegenstand erwerben kann, ermöglicht Wachstum. Zu sagen, dass man ihn nicht erwerben kann, weil er zu teuer sei, schließt eine Tür die ein potentielles Tor sein könnte. Schnell wird daher klar, warum arme Familien zumeist arm bleiben, während Kinder aus reichen Familien scheinbar automatisch mit einem Händchen für Geld großwerden: „Einer der Gründe warum die Reichen reicher werden und die Mittelschicht mit Schulden kämpft ist weil das Fach „Geld“ nur zu Hause unterrichtet wird, nicht in der Schule. Die meisten von uns lernen Dinge über Geld durch die Eltern. Aber was kann ein armer Elternteil schon über Geld sagen? Außer: Bleib in der Schule und lerne fleißig.

Doch der junge Robert hat Glück. Denn er entscheidet sich die Lehren seines „reichen Vaters“ zu verinnerlichen, der den beiden Kindern so praktisch, eindringlich und hart beibringt, finanziell erfolgreich zu sein. Spielerisch und anschaulich werden etwas langatmig in dem Buch auf diese Weise die wichtigsten Lektionen gelehrt, so unter anderem: Warum Reiche nicht für Geld arbeiten, sondern Geld für sich arbeiten lassen. Warum es wichtig ist sich Wissen über Finanzen anzueignen. Warum Steuern sich ursprünglich gegen die Reichen richteten, heutzutage aber leider die fleißige Mittelschicht unter ihnen leidet. Warum Gesellschaften von Bedeutung sind, wenn man Geld machen will. Warum man arbeiten sollte um zu lernen, nicht um Geld zu verdienen. Das Buch erklärt, warum das normale Einkommen die Arbeit für den Boss verkörpert, warum die Steuer uns für den Staat arbeiten lässt und unser Kredit die Bank beglückt. Und warum wir dringend einen Vermögenswert benötigen, der uns Geld beschert ohne dass wir mit unseren Händen dafür arbeiten müssen, ganz so, wie es die Reichen tun. Dieses Buch gibt nicht nur Inspiration für finanziellen Erfolg. Vielmehr können einzelne Passagen auch auf das allgemeine Lebensmanagement übertragen werden. „Kleine Leute bleiben klein, weil sie zu klein denken, alleine handeln oder gar nicht erst in Aktion treten“. Das Buch erzählt auch, dass Wissen über Cashflow nur eine von drei Komponenten ist. Das Verstehen von Systemen, die Familie eingeschlossen, ist ebenso wichtig, der geübte Umgang mit Menschen auch.

Was in diesem Buch drastisch klingt, scheint nicht unwahr. Natürlich sind die Gründe für Armut und Reichtum vielfältig und es ist sicherlich nicht korrekt zu pauschalisieren und zu erklären, dass jeder arme Mensch die Möglichkeit hat, reich zu sein. Denn das ist einfach nicht wahr, nicht in unserem System, nicht auf dieser Welt. Für manche normal finanziell ausgestaltet Menschen, denn das ist es wohl, was in diesem Buch mit „arm“ gemeint ist, eröffnen sich dennoch kaum wahrnehmbare Wege und hier ist es vielleicht tatsächlich der Mangel an Wissen über Geld und Cashflows, über finanzielle Verpflichtungen und Vermögenswerte, die das scheinbar Unmögliche möglich machen. Und noch etwas: Was wir momentan erleben ist eine Bildungsinflation, ein „Gut“ ist heute kein „Gut“ mehr. Selbst mit einem „Sehr gut“ ist ein Job, am besten noch gut bezahlt, nicht mehr sicher und falls überhaupt so zumindest nicht auf Dauer. Auch stimmt es, dass die fleißige Mittelschicht eine große Steuerlast trägt, die Rentenabsicherung im Alter aber dennoch mehr als ungewiss ist. Dieses Buch spricht Wahrheiten an, die man nicht hören will, weil sie nicht zu dem Wertesystem passen, mit dem wir liebevoll von unseren wohlmeinenden und warmherzigen Familien aufgezogen wurden: Lernen, Fleiß, Sicherheit, kein Risiko, Steuern zahlen. Beim Lesen verspürt man den innerlichen Drang aufzuschreien, zu sagen, nein, das ist nicht wahr. Doch dabei würde man nur bewahrheiten, was „Poor Dad, Rich Dad“ selbst sagt: „Es gibt eine Angewohnheit, die die meisten Leute arm hält. Zu kritisieren, anstatt zu analysieren.“

Es ist ein Buch, bei dessen Lesen man innerlich zerrissen ist: Auf der einen Seite weiß man, dass es stimmt was hier gesagt wird. Doch der andere Teil in einem möchte es nicht wahrhaben, will nicht glauben, dass so viele Menschen einfach nur Tag für Tag arbeiten, ihre Lebenszeit in Arbeit für einen anderen, ihren Boss, investieren. Dabei gibt es eigentlich keinen Grund, es so Schwarz und Weiß zu sehen. Dieses Buch ist in keiner Weise dazu gedacht, normal arbeitende, fleißige Angestellte zu Unternehmern umzuerziehen - vielmehr ist es eine Inspiration für all jene Angestellte, die das Gefühl haben am falschen Platz zu sitzen und lieber eigenständig Cashflows generieren wollen, als auf den nächsten Gehaltscheck zu warten. Für sie soll es eine Inspiration sein, eine Aufforderung zur Handlung, eine erste Anleitung.

 


Robert T. Kiyosaki und Sharon L. Lechter: Rich Dad, Poor Dad, Verlag: Arkana TB; Auflage: Deutsche Erstausgabe., 1. Aufl., 11. Dezember 2006, 288 Seiten, 7,99 Euro (E-Book 5,99 Euro)

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