Rezension

The E-Myth Revisited

01.12.2016 - Bele Krüger

Es ist ein Must-Read für alle jene potenziellen Leser, die ein eigenes kleines, mehr oder weniger erfolgreiches Unternehmen haben, für diejenigen, die in der Zukunft eines gründen wollen und für Menschen, die nicht ohne Eigennutz einen Blick in die Grundidee einer Unternehmung werfen wollen – denn viele Aspekte lassen sich auf unser alltägliches Leben übertragen. Sind wir nicht alle im Grunde unser eigenes kleines Business?

In the E-Myth werden einem anschaulich anhand eines fiktiven Gespräches mit der Jungunternehmerin Sarah erklärt, mit welchen Problemen die meisten Kleinunternehmen zu kämpfen haben und wie man diese – am besten von Anfang an – durch die richtige Herangehensweise aus dem Weg schafft: Sarah liebt das Backen, schon immer stand sie gerne mit ihrer Tante in der Küche und buk Kuchen, Torten und Kekse und nachdem sie mehrere Jahre in der Branche gearbeitet hat, macht sie sich endlich selbstständig und eröffnet ihre eigene Backstube. Doch irgendwie läuft alles nicht so recht und es wird auch schnell klar warum. So erklärt der Autor bereits am Anfang des Buches, dass es grundlegend ist, zwischen dem Techniker bzw. Facharbeiter, dem Manager und dem Unternehmer zu unterscheiden. Wie bitte? Was bitte? Sarah jedenfalls, sei eindeutig eine Facharbeiterin. Sie liebt das Backen, die Tätigkeit des Backens, ist bedacht, dass alles perfekt ist, der Teig, die Form, die hochwertigen Öfen… doch wer ein Unternehmen aufbauen will sollte nicht unbedingt die Fachtätigkeit über alles stellen. Vielleicht zu 20 Prozent, so die Meinung des Autors, wäre es nötig Techniker zu sein. Doch die restlichen 80 Prozent müssen Manager und Unternehmer sein. Der Manager, der rational denkt und jede Minute auf die Uhr und den Profit schaut. Der Unternehmer, der die Vision hat, der die Stadt, das Land, die Welt erobern will, indem er sein tolles Logo bereits an jeder Straßenecke erträumt, wie dieses Genie Ray Kroc, das einst in den Traum eines perfekten Hamburgers eintauchte und aus diesem bis heute erfolgreich durch das Franchisemodell McDonalds zehrt. Gelungen ist auch die Bedeutung von Innovation dargestellt, indem gesagt wird, dass der Unterschied zwischen Kreativität und Innovation darin bestehe Dinge in dieser Welt zu vollbringen und Dinge an sich zu vollbringen. Doch dazu sei es notwendig nicht als Techniker „im“ Unternehmen zu arbeiten, sondern als Manager und Unternehmer „am“ Unternehmen. Dies also sei der erste und häufigste schwere Fehler, all jener unglücklicher Kleinunternehmer. Und so stellte auch schon IBM fest. „We didn’t do business at IBM, we build one.“ 

 

Doch ganz verloren ist die Technikerin Sarah nicht. Bald wird klar, dass es ihrer Tante nie um das Backen an sich ging, nie um das Handwerkzeug. Sondern vielmehr um den Esprit hinter der Tätigkeit, dem Esprit des jungen Mädchens, das dort mit ihr tag ein und tagaus in der Küche stand und buk: „Sarah, füttere deinen Geist. Es ist dein Geist, der dir Leben gibt. (…) Er muss frei sein, aber er braucht dich auch, um die Richtung anzugeben. Zu viel von dem einen und zu wenig von dem anderen, und dein Geist rennt mit dir davon, wie ein wildes Pferd. So musst du dir deinen Geist Vorstellen Sarah, wie ein wildes Pferd. Ein Teil davon ist hier um dir zu dienen, ein anderer um sich selbst zu dienen. Was du lernen musst zu unterscheiden, ist welcher Teil welcher ist. Wenn du ihn hinter einen Zaun sperrst, wirst du ihn töten. Aber wenn du ihn kommen und gehen lässt, wie es beliebt, wirst du ihn nie verstehen.“ Sarah soll nun also, als erwachsene Frau wieder jenen Esprit befreien und nähren, der ihr durch Anweisungen und forsche Bemerkungen der Eltern und Lehrer über all die Jahre langsam in Ketten gelegt wurde und schon fast verwelkt war. 

 

Doch in the E-Myth finden sich auch konkrete, einzelne Ausführungen, auf was bei einer Unternehmung zu achten ist. An erster Stelle stehen dabei die Core values des Unternehmens. Man soll sich klarwerden, welches es sind. Oft denkt man hier an das spezielle Produkt, doch dem ist nicht so. Denn meist ist nicht das Produkt entscheidend, sondern die Art und Weise, wie das Produkt geliefert wird. Als Beispiel sei hier erneut die Erfolgsstory McDonalds erwähnt: Ein Burger. An dieser Stelle sei dahingestellt, ob er schm eckt, gesund oder ethisch vertretbar ist. Denn zumindest ist er dreierlei – pünktlich auf die Minute, wie geklont und das für wenig Geld. Das sind also die Eigenschaften, die den McDonalds Burger so besonders machen und den Kernwert darstellen, der eben nicht im Hamburger an sich, sondern im Surrounding liegt. Weiter ist es wichtig günstige Arbeitskräfte einzustellen und Arbeitskräfte, die nicht mehr Fähigkeiten haben als notwendig, denn sonst läuft man Gefahr im eigenen Unternehmen die Kontrolle zu verlieren. Entscheidend ist daher auch die Unterscheidung des Managements, der Delegation und der Abdankung: Nie sollte man jemanden Einstellen, von dessen Aufgaben man keine Ahnung hat –Management der Abdankung, stets sollte man selbst das Steuer in der Hand behalten. Weiter von Bedeutung ist Ordnung, Dokumentation und auch eine uniforme, eindeutige Ablieferung des Produktes an den Kunden: Der Kunde soll entscheiden, wann er die Leistung in Anspruch nimmt und genau wissen, was auf ihn zukommt. Wer will schon zu einem Friseur gehen, bei dem man einmal Kaffee serviert bekommt, ein anderes Mal nichts, dann Wein und die Haare mal gewaschen werden und dann wieder nicht? Hier soll der Kunde das Ruder in der Hand haben, nicht der Unternehmer. Auch auf den Dresscode und die optische Darstellung wird eingegangen, im blauen Anzug verkauft es sich übrigens am besten. Letztendlich kommt es im Ganzen vor allem auf zwei Dinge an: Die Einzigartigkeit des Unternehmens. Und das Managementsystem. Letzteres bildet auch den Unterscheid zwischen einem erwachsenen Unternehmen und einem reifen Unternehmen: Bei ersterem ist alles dem Zufall überlassen, während beim zweiten eine Vision angepeilt wird, geformt durch die Handlungen im Hier und Jetzt, wobei das System als ganzes die Entscheidende Rolle spielt. 

 

Und am Schluss wird schließlich klar, dass die kundigen Ratschläge des Autors auf eigener Erfahrung beruhen, ja, dass auch der Autor wie eine schlecht laufende Unternehmung Lebenszeiten des unstrukturierten Dahingleitend hinter sich hat und so heißt es: „Lass den Vorhang offen, koste es was es wolle. Denn es war der Vorhang, der ihn in der Dunkelheit gefangen hielt. Und es ist die Dunkelheit, die das Licht draußen hält. Es ist das Licht, die Offenheit, das Überwinden aller Hindernisse, die sein wahres Ziel geworden sind. Offen zu sein. Wach zu sein, verfügbar zu sein, für Dinge, die wirklich stattfinden, die Aufgabe falscher Denkansätze.“ 

 

 

 

Michael E. Gerber: Das Geheimnis erfolgreicher Firmen. Warum die meisten kleinen und mittleren Unternehmen nicht funktionieren und was Sie dagegen tun können, 2001,  ACCORD Verlag, 175 Seiten.

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