Sondaschule im Interview

Tim Kleinrensing: "Wir müssen raus in die Welt und Neues entdecken"

15.08.2017 - Dennis Bormann und Astrid Knauth

1999 von ein paar Freunden in den Untiefen lokaler Proberäume in Oberhausen und Mülheim a.d. Ruhr gegründet, treten "Sondaschule" mittlerweile mit Ihrer erfrischenden Mischung aus Ska- und Punkmusik vor zehntausenden von Fans auf weltbekannten Rockfestivals auf. DAS MILIEU sprach mit Costa Cannabis (Tim Kleinrensing) über Dur und Moll im Ruhrpott, darüber, wie man eine rechte Kundgebung im Keim erstickt und über Angst vor Terror auf dem Rock am Ring.

DAS MILIEU: Ihr habt euch in der Band alle Spitznamen gegeben: Du bist Costa, euer Gitarrist Daniel Junker heißt Don Alfonso beide Namen sind sehr spanisch belegt. War das Zufall?

Tim Kleinrensing: Das ist quasi unter Freunden passiert. Man sucht sich seine Spitznamen ja nicht selbst aus, sondern man bekommt sie von seinen Freunden. Don Alfonso ist zum Beispiel bei uns eine Pizzeria, wo der Gitarrist immer bestellt hat. Ganz schnell hieß er dann Don Alfonso. Es war einfach das, was man gerne mag. Bei mir war das dann Costa durch Costa Cordalis – der Name war schon unter Musikern immer ein bisschen belächelt -, und dann eben der Nachname, der durch mein damaliges Hobby zustande kam (lacht). Wir haben uns da selbst nie ernst genommen. Mit diesen Namen haben wir uns quasi verewigt. 

MILIEU: Ein berühmter Verfechter deines damaligen Hobbys war auch Bob Marley. Von ihm stammt folgendes Zitat: „“One good thing about music, when it hits you, you feel no pain. (Eine gute Sache der Musik ist, dass man keinen Schmerz fühlt, wenn sie dich erreicht., Anm. d. Red.). Siehst du das genauso? Und wenn ja, hast du eine Erklärung dafür? 

Kleinrensing: Ich sehe das auf jeden Fall genauso – Bob Marley war ein sehr intelligenter Mensch, der viel Liebe verbreitet und auf Dinge Wert gelegt hat, auf die ich auch Wert lege. Musik kann man aber auch anhören, um im Schmerz zu baden. Es gibt ja viele Arten von Musik. Ich höre gerne Musik, die eine positive Message hat. Sie kann mir – selbst wenn es regnet – einen schönen Tag machen. 

MILIEU: Ihr habt euch 1999 in Mühlheim an der Ruhr gegründet. Mit ironischem Unterton widmet ihr euch auch eurer Heimat auf dem Album Schön kaputt.  Was liebt ihr am Ruhrpott und was vermisst ihr?

Kleinrensing: Wir lieben am Pott auf jeden Fall die Menschen und die Mentalität der Menschen. Sie tragen das Herz auf der Zunge. Bei uns herrscht zwar ein etwas rauerer Umgangston, aber er ist sehr ehrlich. Bei den meisten Menschen weiß man sofort, woran man ist, weil sie sagen, was sie meinen und denken. Sonst mag ich am Ruhrgebiet, dass es mittlerweile etwas in die Jahre gekommen ist und gleichzeitig, dass alles hier moderner gemacht wird. Es passiert natürlich langsam – die Städte wachsen und werden schöner gemacht. Gleichzeitig ist aber der alte Charme und die Historie überall und jederzeit noch zu sehen und es zerfällt. Ich mag das landschaftlich hier wirklich sehr, sehr gerne.

Was so ein bisschen fehlt hier im Ruhrgebiet ist die Subventionierung bestimmter Dinge. Kultur wird zwar immer noch großgeschrieben, aber es fehlt immer mehr Geld in den Kommunen. Das fehlt mir so ein bisschen, dass Jugendheime zumachen und dass man bei der Jugend an sich so ein bisschen spart. Es wird schon anders gedacht. Investoren werden vielleicht manchmal auch bevorzugt, gerade weil wir auch in den Kommunen zu wenig Geld haben. Also ich verstehe, warum es so ist. Aber es fehlt einfach, dass man wieder mehr an die Jugend denkt und daran arbeitet. Sonst haben wir in zehn Jahren möglicherweise andere Probleme, die wir jetzt noch gar nicht sehen. Da habe ich so ein bisschen Angst davor.

MILIEU: Einer meiner Lieblingssongs von euch ist: "Es gibt nur Dur in Mülheim a.d. Ruhr". Das singt ihr im Refrain dieser Ode an die "sympathische Stadt an der Ruhr". Wenn du das Ruhrgebiet, eure Heimat, im Ganzen siehst, gibt es dann auch Orte oder Situationen, die du als "Moll" bezeichnen würdest, um an dieser Stelle mal im musikalischen Jargon zu bleiben

Kleinrensing: Es gibt auf jeden Fall immer Moll. Es gibt wahrscheinlich auch in Mülheim Moll, aber ich habe schon seit Kindheit gelernt, manche Dinge auch einfach zu ignorieren, um mein Leben schöner zu gestalten. Moll gibt es also schon immer, das schwingt halt leicht mit. Aber das Dur überwiegt einfach sowohl im Ruhrgebiet als auch in meinem Leben. Das Leben ist wirklich schön! Das vergisst man manchmal in dem ganzen Alltagsstress, den man hat und bei dem, was in der Welt immer so vor sich geht. Es herrscht ja momentan keine ruhige Stimmung und es ist auch nicht gerade beruhigend, was in der Welt los ist. Aber wenn man vor die Haustür geht und auch jetzt – die Sonne scheint – man geht raus. Man ist ja relativ frei in dem, was man tun möchte. Das sollte man nicht vergessen. In seiner oder in der kleinen Welt, die jeder für sich hat, ist die Welt ja noch relativ in Ordnung. Darauf bezieht sich auch das Dur in dem Song „Es gibt nur Dur in Mülheim a. d. Ruhr“.

MILIEU: Viele eurer Songs sind in einem sehr ironischen Unterton geschrieben. Der US-amerikanischer Essayist Elbert G. Hubbard sagte einmal: Die Ironie ist die Kaktuspflanze, die über dem Grab unserer toten Illusionen wuchert. Würdet ihr das so unterschreiben und was wollt ihr mit dem ironischen Unterton bezwecken? 

Kleinrensing: Ich bin ja noch ganz baff von diesem Zitat. Ein sehr schönes Bild - damit stimme ich vollkommen überein. Kompliment, was für ein großer Poet er ist. Das Schwere ist ja, solche Bilder in einem Satz zu sagen und das hat er sehr schön getroffen. Die Ironie schwingt immer mit, weil natürlich oft Träume oder Vorstellungen nicht in Erfüllung gehen. Als Kind hat man viele Träume und viel Fantasie. Über die Jahre kommen dann immer mehr Dinge, die einen entweder zerbrechen lassen oder ironisch und sarkastisch damit umgehen lassen. Ich mag auch Filme von beispielsweise Monty Python: Sie machen ja letztlich nichts anderes, als diesen Kaktus zu aktivieren, der immer wieder leicht sticht. Das mag ich sehr gerne. Ironie zieht sich bei uns schon immer durch, mittlerweile ist es bei uns nur unterschwelliger geworden und nicht mehr so offensichtlich. 

MILIEU: Textlich haben sich Eure Themen im Laufe der Zeit stark verändert, vor allem wenn man die Texte des neuen Albums "Schere - Stein - Papier" beispielsweise einem Song wie "Pizza Double Lucky" gegenüberstellt. Bei vielen Bands stellt man im Laufe der Zeit einen entweder musikalischen oder aber textlichen Wandel fest. Hast du eine Erklärung dafür?

Kleinrensing: Ich glaube, eine ganz einfache Erklärung ist, dass man einfach erwachsener oder älter wird. Früher haben wir einfach Musik gemacht. Ein Freund von mir war in Kambodscha und da gab es „Pizza Double Lucky“ mit Cannabis. Daraus ist dann im Proberaum aus Spaß dieser Song entstanden. Früher haben wir uns nie hingesetzt und überlegt: „Was will ich jetzt sagen?“ Die Sachen sind Freestyle und im Partymodus im Proberaum entstanden. Mittlerweile habe ich an mich den Anspruch, Dinge anzusprechen, die mich beschäftigen und nicht nur eine gute Zeit mit meinen Freunden zu haben – das ist natürlich das Sahnehäubchen on top. Aber ich möchte mittlerweile bei meinem siebten Album auch Dinge ansprechen, die mich persönlich berühren und die mich beschäftigen. Daher kommt auch der Textwandel. Das war schon auf dem letzten Album zu merken, dass es ein bisschen ernster wird und andere Themen anspricht, als wir das vorher getan haben. Die anderen Themen haben wir schon bearbeitet und wir möchten natürlich als Band auch einen Schritt nach vorne gehen.

MILIEU: Diese Veränderungen kann man auch bei anderen Bands nachvollziehen. Euer Wandel ist sehr musikalisch - ihr seid ein bisschen tighter als früher geworden, weil euer Hobby mehr und mehr zum Beruf wurde und ihr immer besser in dem geworden seid, was ihr macht. Gibt es da Angst vor Kritik, dadurch dass ihr nicht mehr nur die Spaßmacher seid?

Kleinrensing: Angst vor Kritik hatten wir nie. Vor allem, als wir mit den damaligen Texten angefangen haben, haben wir gelernt, mit Kritik umzugehen. Unser erstes Album wurde einmal damit beschrieben: „Super Musik mit dem Gesang einer singenden Kloschüssel.“ Das war die erste Rezension, die ich über unser erstes Album gelesen habe. Darauf habe ich mit einem richtig lauten Lachen reagiert und habe mich gefreut, dass sie überhaupt über uns geschrieben haben. Sie haben uns erwähnt und da war mir völlig egal, ob die jetzt unsere Texte gut fanden. Ich fand es super, dass wir existiert haben. Das hat mich dazu bewogen, beim nächsten Album noch einen drauf zu legen, sie noch mehr zu ärgern. Das war damals die Intention. Mittlerweile weiß ich mit einer solchen Kritik anders umzugehen – wahrscheinlich war es damals auch wieder Trotz und Ironie. Jetzt bin ich einfach abgehärtet. Jeder hat eine Meinung zu meiner Musik, das ist auch völlig in Ordnung und freut mich. Wenn er keine hätte, würde die Musik nichts aussagen. Ob sie ihm/ihr letztendlich gefällt, das ist mir mittlerweile vollkommen egal. 

MILIEU: In diesem Zusammenhang - eben, dass Ihr nicht mehr nur die "Spaßmacher" seid - kann man tatsächlich ja auch Euer Video zu "Schere - Stein - Papier" ansprechen, das ja optisch schon ein wenig durch die dargestellte Gewalt schockiert. War das auch bewusst so gewählt

Kleinrensing: Eigentlich habe ich mir da nur überlegt, wie man das darstellen kann. Bei "Himmel oder Hölle, Schere - Stein - Papier" ist man immer schnell bei religiösen Dingen, das wollte ich aber absolut nicht. Ich wollte einfach nur das Leben darstellen, wie es ist: Man ist auf einer Reise und kriegt konstant in die Fresse, aber wichtig ist, dass man den Humor nicht verliert und weiter an sich glaubt. Die Schläge ins Gesicht sind ja eher eine Metapher für die schlechten Dinge, die einen innerlich immer ein wenig aufhalten, das zu tun und das zu sein, was wir sind. Wir kämpfen uns durch das Leben durch und sterben mit einem Lächeln im Gesicht, das ist die Message des Videos.

MILIEU: Auf Eurem Album thematisiert Ihr auch die immer größer werdende Angst vor Terror auf der Welt, auch gerade in Deutschland. Während des Rock am Ring-Festivals 2017 seid Ihr selbst - nebst allen anderen - damit ziemlich direkt konfrontiert worden. Was geht in einem solchen Moment in dir vor?

Kleinrensing: Ich selber stand zu dieser Zeit oben auf dieser "Scheiß Tribüne" - die Fans rufen das ja immer, ähnlich wie in Fußballstadien, habe mir den Auftritt der Broilers angesehen und war demnach bei dem Abbruch live dabei. Zunächst war ich ein wenig verwirrt: "Was passiert jetzt, warum werden die von der Bühne geholt?". Man muss dann aber sagen, dass dieser Ablauf des Abbruchs sehr gut gemacht war. Man hat bei Herrn Lieberberg (Veranstalter des Festivals, Anm. der Redaktion) die Panik - oder vielmehr die Wut - in den Augen gesehen, aber jemand hat das auf der Bühne ganz ruhig erklärt und ich muss sagen, ich stand auf dieser Tribüne und habe 60.000 oder 70.000 Menschen vor der Bühne gesehen, die sich alle ganz ruhig, ohne Buhrufe, umgedreht haben und Richtung Campingplatz abgewandert sind. Ich - wie alle anderen - war in diesem Moment eher gefasst. Ein paar Jahre vorher hätte dies vermutlich anders ausgesehen, aber da scheinbar mittlerweile solche Bedrohungen "normal" sind, reagiert man darauf wohl gelassener. Im Gegenteil: Dieses Bild, in der die Menschenmasse "You`ll never walk alone"-singend abzog, hat mir selbst noch Ruhe gegeben. Es war nicht wirklich Angst vor Ort. 

MILIEU: Hauptthemen von euch sind Hass, Drogen, Gewalt und ein Gegensatz zwischen Schein und Sein. Viele Menschen verdrängen Probleme der Gesellschaft beziehungsweise ihrer Umgebung an den Rand ihres Bewusstseins und wollen sie nicht wahrnehmen. Würde ein Blick über den Tellerrand helfen, diese Probleme zu beseitigen?

Kleinrensing: Ja, wahrscheinlich ist es genau das, worum es eigentlich geht: sich aus seiner Komfortzone herauszubewegen und etwas Neues kennenzulernen. Ich glaube, das würde uns allen weiterhelfen. Das Problem ist aber eher, glaube ich, dass dafür gesorgt wird, dass uns nichts Neues passiert. Im Zeitalter von iPhones etc. verbringen viele Menschen ihr Leben im Internet und natürlich auf der Arbeit, wo man aber natürlich immer eingespannt ist und kein Freidenker sein kann. Man sollte da eben ein wenig raus in die Welt und entdecken, was es da für tolle Sachen gibt. Man beschränkt sich zu sehr, wenn man sich eher zurückzieht und quasi in seiner eigenen Suppenschüssel lebt. Ich merke das an mir selber - ich meine, am Ende kann ich ja nur von mir selbst reden -, dass ich viel zu oft nur in meiner Komfortzone bleibe. In solchen Situationen muss ich mir selbst einen Ruck geben um über den Tellerrand zu schauen, aber mich persönlich bringt das immer weiter.

MILIEU: Unserer Gesellschaft wird ein vermehrter Egoismus vorgeworfen. Schon Theodor Fontane sagte: Unsere ganze Gesellschaft ist aufgebaut auf dem Ich. Das ist ihr Fluch, und daran muss sie zugrunde gehen. Wie kann man die Menschheit auf ein humanitäreres und hilfsbereiteres Miteinander besinnen?

Kleinrensing: Naja, prinzipiell stimmt das schon. Ein Philosoph hat mal gesagt: "Die Welt gibt es so oft, wie es Menschen gibt.“ Das Einzige, was man in einer kapitalistischen Welt da wohl machen kann, ist, damit anzufangen, dass man in seinem Mikrokosmos einfach versucht, alles besser zu machen.

Wobei ich immer noch an diesem schönen Zitat hänge und darüber noch ein wenig innerlich sinnieren müsste, da geht schon mal eine Tür im Kopf auf (lacht).

MILIEU: Eines meiner persönlichen Highlights des vergangenen Jahres war die Aktion "WIR sind lauter" im September 2016 auf dem Marktplatz in Oberhausen. Skizziere bitte für uns, wie das Ganze zustande kam, ob du die Aktion als "erfolgreich" bewerten würdest und ob ihr, unter ähnlichen Vorzeichen, noch einmal eine solche Veranstaltung auf die Beine stellen würdet.

Kleinrensing: Entstanden ist das Ganze, als ich durch die Innenstadt gelaufen bin und ein Plakat einer jetzt nicht näher genannten rechten Partei gesehen habe. Dort wurde zu einer Kundgebung auf dem Marktplatz aufgerufen. Ich ging nach Hause und habe mich gefragt, warum ich nicht das "Gdanska" (ein polnisches Restaurant am Oberhausener Marktplatz, das mit einer Bühne für regelmäßige Konzerte und Theaterstücke eine wichtige kulturelle Anlaufstelle für regionale Künstler und Kunstinteressierte darstellt) frage, ob wir nicht einfach vorbeikommen, unsere Anlage vor die Tür stellen und Strom haben können, da wir diese Kundgebung einfach gerne übertönen möchten. Wir wollten so laut Musik machen, dass kein Wort von diesen Parolen gehört wird. Die Inhaber waren direkt begeistert. Das Ganze ist dann ein Selbstläufer geworden. Es haben viele Leute in Oberhausen darüber geredet, dass wir kommen. Es haben sich Firmen eingeschaltet, die das toll fanden und haben uns da eine fette Bühne hingestellt, mit einer Anlage dabei. Drei Tage später hatten wir dann dieses tolle Konzert vor mehr als 1000 Leuten, die vor der Bühne gefeiert und getanzt haben, und auf der anderen Seite war eine sehr überschaubare, kleine, traurige Gruppe, die nicht mehr verstanden wurde. Die Kundgebung ist komplett nach hinten losgegangen und es wurde sich über das Mikro beschwert, dass das in Oberhausen so machbar ist und dass die Stadt da nichts dagegen tut. Es hat also genau den wunden Punkt getroffen und deswegen danken wir auch jedem, der an diesem Nachmittag zu uns gekommen ist. Für uns war das eine sehr gelungene Aktion. Wir haben uns auch sehr gefreut, dass so viele Leute da mitgeholfen haben. Ein absoluter Erfolg, in dem Sinne, dass wir drei Tage vorher einfach nur lauter als die sein wollten. Wir hätten uns da auch nur mit Gitarrenverstärkern hingestellt.

MILIEU: Ihr seid als Band über die Jahre organisch gewachsen, habt als Hobby-Band angefangen. Es hat nie diesen "einen" Hit gegeben, der im Radio oder aber im Musik-TV rauf- und runtergespielt wurde. Dennoch kann man mittlerweile, glaube ich, davon ausgehen, dass ihr von eurer Musik leben könnt und sie somit, neben eurem Hobby, zu eurem Beruf geworden ist. Betrachtet man jetzt den Umstand, dass euer letztes Album "Schön kaputt" euer bislang erfolgreichstes war, mit wie viel Druck geht man dann an ein neues Album heran, da man vielleicht im Hinterkopf hat, dass man vom "Erfolg" der Musik leben, also Miete zahlen etc., muss?

Kleinrensing: Ich selber mache das so, dass ich gar keine "Schreibphasen" habe, sondern einfach konstant Musik mache. Wir haben innerhalb von zwei Jahren seit unserer Entstehung eigentlich immer ein Album gemacht. Nach gewissen Zeiträumen schaut man dann immer, wie viele Songs man hat, welche die besten sind und so weiter. Ich geh demnach also mit sehr wenig Druck ran. Ich mache jeden Tag ein wenig Musik - ein stetig laufender Prozess. Natürlich, wenn das Album an sich steht und noch ein oder zwei Songs gebraucht werden, dann beschränke ich mich schon ein wenig, aber so entsteht bei uns eigentlich immer alles. Da ist gar kein Druck, die Songs entstehen und wenn sie gut genug sind, kommen sie aufs Album, wenn nicht, dann nicht.

Ich habe mal so einen Druck verspürt, das war als wir unser erstes Album bei einem "Major Label" (Album: "Lass es uns tun", 2012, Sony Music) herausgebracht haben und da kann ich mich nicht von freisprechen, dass ich da schon ein bisschen mehr Druck gespürt habe, aber den macht man sich ja selbst. Über die Zeit habe ich aber gelernt damit umzugehen. Mittlerweile haben wir unser eigenes Label und uns kann da niemand mehr hineinreden. Eine Major-Plattenfirma denkt bei bestimmten Dingen vielleicht doch anders als man selbst und bei gewissen Entscheidungen fragt man sich, ob man den Zirkus noch lange mitmachen möchte, da man selbst bei Dingen, wie z.B. der Auswahl einer Single anders entschieden hätte. Wir sind da als Band vielleicht auch ein wenig eigen, deswegen machen wir mittlerweile seit 2015 wieder alles selbst.

MILIEU: Vielen Dank für das Interview, Tim!

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