Gedicht

Über das Altwerden

01.06.2019 - Sanna Hübsch

Ganz ehrlich
irgendwann ist man zu alt dafür
ständig bewertet zu werden
doch hört es jemals auf?
Wir schauen auf uns und andere schauen uns an und weg
schauen in den Spiegel
uns gefällt was wir sehen oder nicht
irgendwann denkt man
hört das auf
die Zeit läuft anders
die Welt auch
man hört auf zu schlafen
und wird endlich wach

Doch es hört nicht auf
und irgendwann 
ist man zu alt dafür
lieber schlafen
als aufstehen
ganz anders als früher
als wir nie zu Bett gehen wollten
als wir noch jenseits unserer Träume
an unsere träume glaubten
irgendwann ist man zu alt
sich aufzuregen
ist man zu alt
um nicht aufzugeben
langsam ist man zu alt
um nicht gleichgültig zu werden
verliert man die Leidenschaft
die Kraft etwas zu verändern
denn irgendwann ist man zu alt
um etwas zu bewegen
fällt es schwer
sich selbst zu bewegen
ist man zu alt
noch an Verbesserung zu glauben
hält man fest an Altem und Vertrautem
und läuft mit

Und dann
machen wir das 
für das wir einst zu alt waren 
wir machen da weiter
wo andere einst angefangen haben
wir fangen an
alles ständig zu bewerten
wir fangen an mit uns
und machen weiter mit allem anderen
denn was anderes
kennen wir nicht
denn was anderes
haben wir nicht gelernt
und man ist zu alt
um den Kreislauf zu durchbrechen
zu alt um altes zu verlernen
und neues zu erlernen
denn so funktioniert es scheinbar
und man ist zu alt
um es umzufunktionieren
beinahe 

Doch irgendwann fragen wir uns dann
sind wir zu alt
oder hat das Leben uns alt gemacht?
Und selbst wenn
wir zu alt geworden sind
um jetzt darüber nachzudenken
ob wir es tun oder nicht
enden wird das ganze nur
in dem wir nicht nur alt werden
sondern auch weise.

Autoren benötigen Worte.
Worte benötigen Zeit

Unterstützen