Ehe

Wer heiratet, ist glücklicher

01.09.2017 - Dr. Wolfgang Krüger

Soll man heiraten oder nicht? Es gibt kaum ein Thema, das die Gemüter so sehr bewegt. In einer von mir durchgeführten Umfrage fanden sich folgende Kommentare: Wer heiratet, sei angekommen, es sei phantastisch und das schönste Geschenk, das man sich machen könne. Für andere war heiraten jedoch überflüssig, eine bürgerliche Veranstaltung, das Gefühl der Liebe würde man durch das Heiraten eher gefährden.

Tatsächlich konnte man noch vor 40 Jahren oft davon ausgehen, dass sich nach einer Hochzeit die Beziehung ständig verschlechterte. Das Ziel der Hochzeit bestand für die Frauen darin, dass sie und ihre Kinder finanziell versorgt waren. Männer suchten die Versorgung im Haushalt, eine Mutter für die Kinder, eine erotische und soziale Versorgung. Frauen waren für den Innenbereich, Männer für den Außenbereich zuständig. Heiraten war für Frauen daher noch in den siebziger Jahren der Beginn der Unselbständigkeit. Deshalb hat Simone de Beauvoir den Frauen ins Stammbuch geschrieben, die Emanzipation würde mit dem eigenen Geldverdienen beginnen. Dies ist heute weitgehend der Fall.

- Die Frauenerwerbsquote liegt heute bei über 70%.
- Im Wesentlichen heiratet man heute nicht mehr, um abgesichert und versorgt zu werden.
- Umfragen zeigen, dass man im Wesentlichen aus emotionalen Gründen heiratet.
- Nach einer Studie von Elite-Partner sagten 51% der Paare, heiraten sei für sie der Beweis ihrer Liebe. Erst dann folgen die finanziellen Vorteile.

Dabei unterscheidet sich das heutige Heiraten sehr von früheren Zeiten.

- 80% aller Ehepaare wohnten vorher etwa drei Jahre zusammen.
- Und man hatte vorher zudem viel mehr Beziehungserfahrungen als noch vor 70 Jahren.
- Außerdem hat sich das Hochzeits-Alter in den letzten 20 Jahren um 5 Jahre verschoben.
- Doch am wichtigsten ist: Man entscheidet sich bewusst für die Ehe.

Denn man muss nicht mehr heiraten, der früher so massive gesellschaftliche Druck hat sehr nachgelassen und die Skepsis gegenüber der Ehe ist gestiegen. Dennoch bestand 2013 eine Heiratsquote von 76%. Dabei weiß natürlich jeder, dass 1/3 dieser Beziehungen scheitert. Doch angesichts der Komplexität einer Ehe, angesichts der zu bewältigenden Schwierigkeiten ist diese Zahl nicht sehr hoch. Und man weiß, dass verheiratete Menschen glücklicher sind. In der Umfrage schätzten 43% der verheirateten Partner ein, sie seien glücklich – im Unterschied zu 31% der unverheirateten Paare. Die unverheirateten Paare waren eher zufrieden, während der Anteil der unglücklichen Paare bei beiden Gruppen fast gleich war.

Doch warum sind die verheirateten Paare glücklicher? Es liegt zum einen daran, dass vor allem die glücklichen Paare heiraten. Die Studie der Universität Virginia aus dem Jahre 2007 ergab: Wie gut eine Ehe ist, liegt daran, wie gut die Partnerschaft  vorher war. Und durch die Heirat ergibt sich dann ein zweiter Faktor: Man ist entschlossen, Schwierigkeiten gemeinsam zu meistern und Krisen zu bewältigen. Das wird durch eine juristische Vereinbarung bekräftigt, die eine Trennung sehr erschwert. Und nun zeigen alle Studien: Wo man sich leicht trennen kann, nimmt man diese Möglichkeit eher wahr. Wo dies jedoch schwierig ist und man zugleich viel investiert (durch tiefe Gespräche, Kinder, ein Haus) trennt man sich weniger. Vielmehr sucht man eher Wege, die Beziehung zu verbessern. Und dadurch ergibt sich ein Gefühl der Beständigkeit. In den Interviews, die ich zur Vertiefung der Umfrage durchführte, erklärten viele Ehepaare, sie seien glücklich, weil sie sich aufeinander verlassen könnten und wüssten, dass sie noch in 10 und 20 Jahren zusammen sein würden.

Doch was die Ehepartner als beglückend erleben, löst bei anderen eher Angstgefühle aus. Sie bewerten die Ehe häufig als Gefängnis, als einengend. Und so ergeben sich vor allem drei Gruppen der ‚Ehe-Gegner‘:

a) Die reservierten, bindungsscheuen Menschen, die skeptisch hinsichtlich einer positiven Liebesbeziehung sind. Sie heiraten nur, wenn der Partner einen massiven Druck ausübt.

b) Partner in einer Macht-Ehe, die sich mindestens 4 x im Jahr ernsthaft fragen, ob sie sich nicht trennen sollten. Sie wollen sich nicht trennen, aber eine ausreichende Distanz gehört für sie zur Bewältigung der ständigen Machtkonflikte.

c) Menschen, die sich – mitunter mit nachvollziehbaren Argumenten – fragen, ob sie mit dem richtigen Partner zusammen sind.

Meist führen die Skeptiker eine schwierige Partnerschaft, die sich durch die Katalysatorwirkung des Heiratens verschlechtert. Deshalb kann ich alle Ehe-Skeptiker verstehen, da ich lange zu ihnen gehörte. Aber ich bin auch seit Jahrzehnten ein Experte für den Bereich der Liebe, ich weiß, wie man Beziehungen gestalten kann und gemeinsam glücklich wird. Und deshalb habe ich vor 4 Wochen mit nunmehr 69 Jahren geheiratet. Die Kommentare meiner Freunde haben mich überrascht. Zahlreiche Freunde äußerten sehr lebhaft, sie würden nie heiraten. Andere jedoch gratulierten mir und fragten mich ständig, wie ich mich jetzt fühlen würde. Als ob sich mit der Heirat etwas geändert habe. Doch eines ändert sich nach meiner Erfahrung tatsächlich. Es stellt sich ein Gefühl der Ruhe und Beständigkeit ein, wenn man sich in aller Öffentlichkeit verspricht, das Leben gemeinsam zu bewältigen. Und deshalb ist das Heiraten wieder im Trend. 80% aller Paare heiraten und die Ehedauer verlängerte sich in den letzten beiden Jahrzehnten um drei Jahre.

Und die Scheidungsquote sank von 51,9 im Jahre 2005 auf 40,8 im Jahre 2015.

Die Renaissance der Ehe ist nicht nur eine Antwort auf die Unsicherheit in der heutigen Welt. Vielmehr wissen Paare heute viel mehr über das Gelingen einer Partnerschaft. Sie wissen, wie die Liebe gelingt, auch wenn der Partner nicht perfekt ist. Und deshalb hält nur 1/3 der Männer (nach der Studie ‚Männer in Bewegung) die Ehe für überholt, bei den Frauen waren es nur 14%.

Es gibt übrigens ein untrügliches Zeichen, ob die Ehe gelingen wird. Ehen sind gut, wenn Frauen jünger und intelligenter sind als die Männer und wenn eine große Hochzeitsfeier organisiert wird. Zu unserer Feier hatten wir 80 Gäste eingeladen.

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